Rückblick auf die Freimann Lecture mit Katrin Kogman-Appel
Im November 2024 hielt Prof. Dr. Katrin Kogman-Appel, Professorin für Judaistik an der Universität Münster und Expertin für jüdische Kunst des Mittelalters, die Freimann Lecture of Jewish Cultural History des Seminars für Judaistik, veranstaltet in Kooperation mit dem Forschungszentrum Historische Geisteswissenschaften und „Dynamiken des Religiösen“. Der spannende wie anregende Vortrag widmete sich der mittelalterlichen jüdischen Buchkunst in geteilten Kulturräumen auf der iberischen Halbinsel im 13. und 14. Jahrhundert und zeigte eindrücklich, wie die an verschiedenen Orten Spaniens und Südfrankreichs entstandenen illuminierten hebräischen Bibeln typische Merkmale der islamischen Kunst sowie der gotischen Buchkunst aufweisen und damit ein Zeugnis von den in ihrer jeweiligen Umgebung herrschenden Kulturverflechtungen ablegen. Während der jüngere kulturwissenschaftliche Diskurs solche Phänomene als das Ergebnis transkultureller Verflechtungen interpretiert, verwies Kogman-Appel auf die Bedeutsamkeit physischer Raumkonstellationen in städtischen Nachbarschaften, in denen die Schreiber, Künstler und Auftraggeber lebten, die die Dekorationsschemata der hebräischen Bibeln prägten.
Die Freimann Lectures bringen jährlich eine/n international führende/n Wissenschaftler:in der Jüdischen Studien nach Frankfurt, um wechselnde Themen auf dem Forschungsfeld der jüdischen Kulturgeschichte zu diskutieren. Neben Anschlusspunkten für ein interdisziplinäres Universitätspublikum und der Weckung des Interesses für jüdische Themen bei Studierenden bringt die Vortragsreihe aktuelle Forschungsthemen gleichzeitig der interessierten Öffentlichkeit des Rhein-Main-Gebiets nahe. Dieser Bildungsauftrag wurde im vergangenen Jahr neben der Förderung durch die Gesellschaft zur Förderung judaistischer Studien in Frankfurt am Main e. V. erstmals von der Stiftung Polytechnische Gesellschaft unterstützt. Der Vortrag von Katrin Kogman-Appel trug nachhaltig dazu bei, einen breiten Diskurs über jüdische Kultur anzuregen, dessen Inhalte und Methoden nicht nur die wissenschaftliche Erforschung verschiedener religiöser und gesellschaftlicher Gruppierungen in historischer Perspektive befruchten, sondern auch unsere Perspektiven auf gegenwärtige gesellschaftliche, politische und kulturelle Entwicklungen wie zum Beispiel Mehrheits-Minderheits-Beziehungen in nachbarschaftlichen Kontexten schärfen können.
(Beitragstext: Rebekka Voß)